• KAIS OUALI, Patientenbegleiter

    Ich bin in Hammamet, Tunesien geboren, meine Familie hat vom Obstanbau gelebt. Ich habe eine Ausbildung zum Maschinentechniker gemacht, zwei Jahre lang gearbeitet und dann habe ich zum Wassersportinstruktor umgesattelt. Das hat mir Spaß gemacht, ich habe selbstständig gearbeitet und bin im -mer am Meer gewesen. Dort habe ich meine Frau, eine österreichische Krankenschwester kennengelernt. Nach acht Jahren Fernbeziehung haben wir 2011 geheiratet. Meine Frau wollte nicht in Tunesien leben. Die Atmosphäre in meinem Land ist nach dem missglückten Arabischen Frühling angespannt gewesen, also bin ich zu ihr nach Österreich gezogen. Der Anfang ist schwer gewesen für mich, ich habe schlecht Deutsch gesprochen und unter dem kalten Wetter leide ich heute noch. 2013 habe ich im Franziskus Spital angefangen zu arbeiten, es hat mir gleich gefallen. Ich bin ein Mensch, der sich bewegen muss und ich helfe gerne. Meine Eltern haben mich so aufgezogen, und auch wenn ich kein praktizierender Moslem bin, das Helfen ist ein Grundpfeiler unserer Kultur. Mittlerweile fühle ich mich sehr wohl in Österreich. Nur am Anfang bin ich oft komisch angeschaut worden, weil ich nicht gut Deutsch gesprochen habe. Hier im Spital sind alle nett, da ist es vollkommen egal, woher ich komme. Wir sind wie eine Familie, die zusammenhält. PatientInnen, die vor ihrer ersten Operation stehen, haben oft Angst. Ich rede mit ihnen und beruhige sie. Wenn jemand kommt, der nur Arabisch kann, übersetze ich auch, dann sind diese PatientInnen sehr erleichtert und fassen Vertrauen. Ein bis zwei Mal im Jahr fahren wir nach Tunesien. Wenn ich länger dort bin, fällt mir der Abschied von Mamas Küche, den Freunden und dem Meer schwer. Aber nach Wien kehre ich zu meinen österreichischen, serbischen, bosnischen und tunesischen Freunden heim, das ist auch nicht schlecht.

  • FEYRUZ COBAN, Pflegeassistentin, Akutgeriatrie und Remobilisation

    Antiochia ist eine Stadt im Süden der Türkei mit griechisch-orthodoxen, koptischen, jüdischen, muslimischen und katholischen Einwohnern. Dort bin ich aufgewachsen. Alle leben dort wie in einer großen Familie. Das ist so, wie es immer war. Ich selber bin Griechisch-Orthodox, meine Muttersprache ist Arabisch, Türkisch habe ich in der Schule gelernt. Ich habe leider schon mit 16 Jahren geheiratet und bin meinem Mann nach Österreich gefolgt, in der Hoffnung hier weiter in die Schule gehen zu können. Mein Vater ist Landarzt gewesen, mein Großvater konnte Brüche heilen. Es ist schon immer mein Wunsch gewesen, im medizinischen Bereich zu arbeiten. Leider haben mir meine Schwiegereltern nicht erlaubt, in die Schule zu gehen, sie haben mich als Hausarbeiterin wie eine Sklavin gehalten. Ich habe sechs Jahre bei ihnen gelebt und musste kochen, putzen und mich um ihre kleinen Kinder kümmern. Als Kind habe ich gelernt gehorsam zu sein, und habe jahrelang gemacht, was sie mir angeschafft haben. Deutsch habe ich heimlich gelernt, indem ich Geschäftsschilder gelesen und übersetzt habe. Österreich habe ich gleich geliebt, als ich hergekommen bin. Ich habe meinen Traum nicht aufgegeben und als meine Kinder groß waren, habe ich mich zur Pflegeassistentin ausbilden lassen. Seit 15 Jahren arbeite ich im Franziskus Spital und liebe meine Arbeit hier. Mich hat noch eine Oberin eingestellt, weil damals die Klosterschwestern das Spital direkt geleitet haben. Sie haben mich mit offenen Armen aufgenommen.

  • ZORA PETROVIC, Reinigungs- und Servicekraft

    Ich bin in Serbien geboren und aufgewachsen. Mit 16 Jahren habe ich geheiratet und bin mit meinem gleichaltrigen Mann zu dessen Eltern nach Wien gezogen. Ich habe eine gute Schwiegermutter gehabt, sie hat mir geholfen, mich in dem fremden Land zurecht zu finden. Mit 17 Jahren habe ich meinen Sohn bekommen. Wir haben mit den Schwiegereltern in einer kleinen Wohnung gewohnt und uns gut verstanden. Durch Fernsehen und Einkaufen habe ich langsam Deutsch gelernt. Es hat immer so viel zu tun gegeben, die Arbeit, der Haushalt, die Kinder, ich habe mir nie überlegt, eine Ausbildung zu machen. Ich habe bei einer Reinigungsfirma gearbeitet und bin ständig bei jedem Wetter von einem Arbeitsplatz zum anderen gefahren. Fünf Jahre lang habe ich dann für diese Firma in einem Spital gearbeitet, das ist leichter gewesen. Leihfirmen behalten einen großen Prozentsatz vom Lohn ein, deswegen habe ich mich direkt beim Franziskus Spital, das damals noch Hartmann Spital hieß, beworben. Am 8. Juni 2009 habe ich den Anruf bekommen, dass ich zu arbeiten anfangen kann. Ich habe mich so gefreut, an den Tag erinnere ich mich heute noch. Seitdem habe ich einen richtigen Arbeitgeber. Meine Kolleginnen sind teilweise schon seit Jahrzehnten hier und es herrscht eine gute Stimmung unter uns. Ich kann mir meine Zeit gut einteilen, weil wir einen Monat im Voraus den Dienstplan bekommen. An meinen freien Tagen besuche ich oft meine drei Enkelkin-der, aber meine Arbeit ist anstrengend, ich muss mich auch erholen. Jeden zweiten Sonntag kommt die ganze Familie zum Essen. Es ist schön, wenn alle beisammen sind. Mittlerweile reden wir bei diesen Treffen nicht mehr Serbo-Kroatisch sondern Deutsch.

  • ANDREAS BÜRGER, Haustechniker

    Ich bin in Oberwart im Burgenland aufgewachsen und bin gelernter Elektriker. Ab meinem 15. Lebensjahr habe ich auf Baustellen gearbeitet. Es ist oft eine Hetz gewesen mit den Kollegen. Man schimpft und scherzt miteinander, das macht solidarisch. Am Rohbau ist es im Winter kalt und im Sommer am Dach sehr heiß. Wenn man jung ist geht das, aber später um die 30 überlegt man sich etwas Anderes. Meine Tante war Klosterschwester bei den Elisabethinen und hat mich gefragt, ob ich im Franziskus Spital arbeiten möchte. Am 2.8.1993 habe ich hier begonnen. Wir Haustechniker haben in allen Abteilungen zu tun und wohin wir auch gehen, wir werden von allen gegrüßt. Manchmal sogar von den PatientInnen. Hier im Spital gibt es viele Nationen. Das ist anders als am Bau, aber für mich hat sich nichts geändert. Ich bin immer schon mit verschiedensten Menschen gut zurecht gekommen. Heute denke ich anders übers Leben, ich weiß wie vergänglich es ist, und dass es nicht selbstverständlich ist, wenn es einem gut geht. Ich versuche mich gesünder zu ernähren und mache Sport. Ich fahre in ganz Österreich Radrennen. Laufen gehe ich auch gerne. Daheim zu sitzen ist nichts für mich, ins Wirtshaus zu gehen auch nicht. Meine Freundin arbeitet auch hier und wir pendeln gemeinsam jeden Tag nach Hause ins Burgenland. Das ist noch immer mein Zuhause, auch wenn es mir in Wien sehr gut gefällt. Unser Dorf hat 17 Häuser, da gehst du raus und bist im Wald. Das macht mich froh.

  • PETER LINKE, Haustechniker

    Ich bin in Wien geboren und aufgewachsen. Nach der Hauptschule habe ich Tischler gelernt, weil mein Vater das so wollte. Früher hat man nicht so auf die Wünsche von Kindern geachtet. Die Arbeit als Tischlergeselle war schlecht bezahlt und ich habe anschließend acht Jahre lang als Verkäufer in einem Geschäft für Autozubehör und als Filialleiter bei einem Maßmöbelerzeuger gearbeitet. 1993 haben meine Frau und ich geheiratet. Das ist 27 Jahre her. Sie ist Zahntechnikerin und zielstrebig, aber bei uns in Österreich musste sie als Serbin immer um Akzeptanz und Respekt kämpfen. Das laugt aus. Heute leitet sie ein Labor in Wien und kann trotz der vielen Arbeit innerlich entspannen. Unsere Freunde kommen aus Italien, Spanien, Bosnien, Türkei, Ungarn und Persien. Wir gehen oft auf Kulturveranstaltungen. Dadurch lernen wir verschiedene Menschen ganz anders kennen. Den typischen Ausländer gibt es nicht, es gibt nur Menschen, die von anderswo herkommen. Wir sollten uns weniger von den Medien beeinflussen lassen. Propaganda entzweit die Gesellschaft. Ich finde es schön, dass wir hier im Spital aus so vielen verschiedenen Ländern kommen und so gut zusammenarbeiten. Mein Sohn wächst anders auf als ich, wir zwingen ihm nichts auf. Er spricht Serbisch, Italienisch, Englisch und Deutsch. In diesem Sinn sind wir echte Wiener, denn Wien war schon immer multikulturell, sonst hätten wir nicht so viele KünstlerInnen und Intellektuelle aus dem Osten. Seit Juni 2019 arbeite ich im Franziskus Spital. Meine Arbeit stellt mich immer wieder vor neue Herausforderungen, das mag ich. Manchmal bringt sie mich auch ins Schwitzen. Auf jeden Fall wird mir nie langweilig denn wir machen hier wirklich alles.

  • Sr. M. BIRGIT DORFMAIR, Hartmannschwester, Leitung Wertearbeit

    Ich stamme aus Niederösterreich und bin mit fünf Geschwistern auf einem Bauernhof aufgewachsen. Als junges Mädchen wollte ich zu meinem Lieblingsbruder nach Tirol ziehen und dort arbeiten. Er ist plötzlich verstorben und mein Lebensplan war dahin. Ich bin in ein tiefes Loch gefallen. 1977 habe ich mit 19 Jahren als Raumpflegerin im Hartmannspital zu arbeiten begonnen und bin bald in den Orden eingetreten. Als mir bewusst geworden ist, auf wie vieles ich verzichte, habe ich viel geweint und dann realisiert, dass ich die Wahl habe auszutreten oder positiv weiter zu machen. Nach der dunklen Zeit bin ich in eine sehr schöne innere Landschaft gekommen. Steine sind nicht nur hinderlich, sie festigen auch und geben Halt. Erfüllung wird in unserer Gesellschaft oft mit Reichtum und Erfolg gleichgesetzt. Das setzt viele Menschen unter Druck. Doch im geistlichen Sinn bedeutet Selbstverwirklichung, bei sich selber anzukommen. Ich muss nichts erreichen, denn im geistlichen Leben geht es nicht um Leis-tung, sondern um Sein. In meinem Leben haben Freude, Schmerz, Glück und Humor ihren Platz und ich darf ganz sein, weil ich mich von Gott angenommen und geliebt fühle. Das gibt mir die Kraft, den Menschen, meiner Ordensgemeinschaft und dem Krankenhaus zu dienen. Der Gott der Liebe, der uns allen das Leben geschenkt hat, hat uns nicht in Konfessionen, Kulturen und Herkunft eingeteilt. Wir sind Brüder und Schwestern, das ist dem Heiligen Franziskus so wichtig gewesen. Da schließt sich der Kreis. Unser Motto ist: Achtsam dem Leben begegnen. Wir gehören alle zur Schöpfung und gehen gemeinsam einen Weg, auch in unserem Haus, dem Franziskus Spital.

  • ELDINA SULJEVIC, Reinigungsleitung

    Ich bin in Montenegro aufgewachsen und habe mit einem kaufmännischen Schwerpunkt maturiert. Mit 19 Jahren habe ich meinen Mann kennen gelernt, der als Montenegriner in Wien geboren ist und bin zu ihm gezogen. Am Anfang habe ich mich gefürchtet, alleine unterwegs zu sein, weil ich mit niemanden kommunizieren konnte, dann habe ich intensiv Deutsch gelernt. Als meine Tochter ein Jahr alt war, habe ich angefangen als Verkäuferin zu arbeiten. Die Arbeitszeiten sind sehr familienunfreundlich gewesen und als mein zweites Kind auf die Welt gekommen ist, habe ich bei einer Reinigungsfirma begonnen, die auf Spitäler spezialisiert ist. Ich bin bald die Stellvertreterin meiner Chefin geworden und habe die Lehrabschlussprüfung für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung gemacht. Die Stimmung im Team ist so gut, dass ich mir nie überlegt habe etwas anderes zu machen. Heute bin ich Objektleiterin für den Standort Landstraße und für die Organisation der Reinigungskräfte zuständig. Die Zufriedenheit meiner KollegInnen ist mir ganz wichtig, denn ich habe selber erlebt, wie hilfreich es ist, wenn Vorgesetzte auf die Bedürfnisse und Schwierigkeiten der MitarbeiterInnen eingehen. Unsere alleinerziehenden Mütter zum Beispiel bekommen familienfreundliche Dienste. Da gibt es keinen Neid, das sehen alle ein. Ich würde sagen, ich bin gleichermaßen Montenegrinerin wie Österreicherin. Für uns steht Österreich an erster Stelle denn wir leben und arbeiten hier. Meine Kinder sprechen perfekt Serbokroatisch, Deutsch und Englisch. Sie wachsen mit den Vorzügen beider Kulturen auf. Ich wünsche mir, dass sie glückliche und gute Menschen werden, die auf andere schauen.

  • YDAVID TANNERT, Intensivpfleger, ICU

    Ich stamme aus Deutschland und bin auf einem Bauernhof aufgewachsen. Dort bin ich glücklich gewesen, aber in der Schule ist es mir nicht gut gegangen. Ich war ein sensibles und hilfsbereites Kind und bin von anderen Kindern nicht akzeptiert worden. Meine große Schwester ist Krankenschwester und ihre Erzählungen von der Arbeit haben mich so interessiert, dass ich mich für die Ausbildung beworben habe, denn in unserem Dorf wollte ich nicht bleiben. Ich bin der einzige Mann unter 20 Frauen gewesen, das war super. Wir haben Spaß gehabt und viel miteinander gelernt. 2004 habe ich mein Diplom gemacht und bei unserer Abschlussreise nach Wien habe ich meinen Mann kennen gelernt. Er ist auch Krankenpfleger. Das ist ein schicksalhafter Glücksfall gewesen. Nach unserem Abschlussball hat mich mein Mann abgeholt und wir sind nach Niederösterreich gezogen. Die Medien präsentieren oft ein überzogenes und falsches Bild von Homosexualität. Das führt zu Vorurteilen, aber im täglichen Leben lösen sie sich auf. Unser Leben im Dorf ist von guter Nachbarschaft und Hilfsbereitschaft geprägt und ich fühle mich in Österreich sehr daheim. Meine wichtigste Bezugsperson ist meine Schwiegermutter, sie lebt im nächsten Dorf. Als mein Schwiegervater vor fünf Jahren schwer krank geworden ist, haben wir ihn daheim gepflegt. Sein Tod hat uns sehr getroffen und uns noch mal mehr zusammen geschweißt. Ich bin Krankenpfleger geworden, um Menschen in der Not zu helfen. Ich habe selber erfahren, was emotionale Not bedeutet und wie wichtig Unterstützung ist. Hier im Spital kann ich so wohl auf medizinischer als auch auf menschlicher Ebene helfen, denn jeder Mensch ist eine Persönlichkeit und braucht individuelle Zuwendung.

  • SUNNY CHACKO MANIANCHIRA, Abteilungshelfer

    Ich komme aus Kerala in Indien und bin 1993 nach Österreich über siedelt. Im Franziskus Spital habe ich sofort eine Stelle bekommen. Am Anfang habe ich großes Heimweh gehabt. Meine Frau und ich haben vorgehabt, nur ein paar Jahre zu bleiben, aber dann sind die Kinder auf die Welt gekommen und langsam sind wir heimisch geworden. Wir wohnen in einer Reihenhaussiedlung mit 15 österreichischen Familien und sind wie eine große Familie. Meine Tochter und ich sind im Pfarrge-meinderat. Heute fühle ich mich mehr als Österreicher denn als Inder, aber ich achte auf meine Wurzeln und organisiere das „Kerala Kulturprogramm“. Das Wichtigste in einem neuen Land ist die Sprache, die Akzeptanz der neuen Kultur und das Mitmachen. Dadurch kann ich mich zuhause fühlen. Im Spital zu arbeiten ist eine heilige Arbeit. Einmal habe ich eine Patientin ins Zimmer gebracht, die große Angst vor ihrer Operation gehabt hat. Ich habe ihr alles gezeigt und ein biss-chen mit ihr ge -redet und dann hat sie mir gesagt: „Meine halbe Krankheit ist schon weg.“ Das werde ich nie vergessen. Ich bin nicht in Indien gewesen, um meine Eltern zu pflegen als sie alt und krank waren. Das verstößt gegen unsere Sitten. Durch meine Arbeit mit alten Menschen im Franziskus Spital, kann ich das ein bisschen wettmachen.

  • YP. DI. RUDOLF SCHAFFGOTSCH CO, Priester, Seelsorger

    Ich komme aus Niederösterreich und aus einer in der Kirche verwurzelten Familie. Die Liebe zur Eucharistie habe ich schon als Kind geschenkt bekommen und habe mit zwölf Jahren begonnen darüber nachzudenken, Priester zu werden. 15 Jahre lang bin ich vor diesem Entschluss davongelaufen, erst als ich mit 27 Jahren nach Exerzitien ja gesagt habe, ist Friede in mir eingekehrt. Mein Beruf bedeutet für mich, Kontakt herzustellen zwischen Gott und der Seele. Religion ist nicht zweckgebunden, sie muss wahr sein. Sie ist keine soziale Verhaltensweise, sondern eine persönliche Verbindung zu dem, der mich seit Ewigkeit liebt und mir dadurch die Geborgenheit gibt, die mich befähigt, gut zu sein. Jeder Mensch ist von Gott geschaffen und für Gott unersetzlich, infolgedessen auch für mich. Auch wenn ich es nicht immer schaffe, danach zu leben. Bevor ich 2019 im Franziskus Spital begonnen habe, war ich 17 Jahre lang im pfarrlichen Dienst. Es ist schön gewesen, Familien zu begleiten und Kinder aufwachsen zu sehen. Jetzt sind die Begegnungen mit Sterbenden und der Kontakt mit älteren Menschen häufiger. Es hat sich für mich gut gefügt, hier zu arbeiten, denn ich habe mich als Student im Malteser Hospitaldienst engagiert, einer ehrenamtlichen Sanitätsorganisation. Das hat mir Freude gemacht. Ich genieße auch die Zusammenarbeit mit den pflegenden Personen und spüre deren ungewöhnliche Hingabe und Bereitschaft, füreinander und für die PatientInnen da zu sein. Die geistlichen Schwestern tun dem Haus gut. Wenn Menschen sich von Gott geliebt wissen, geben sie leichter, das bringt eine Atmosphäre der Freude. Die spüre ich hier.

  • MARCIN SULIKOWSKI, Küchenhilfe

    Ich bin in Polen geboren und in den schönen Mazuren aufgewachsen. Sowohl mein Vater als auch mein Großvater sind Köche gewesen aber ich konnte leider die Kochlehre nicht machen, weil ich nach der Schule Geld verdienen musste. 2002 bin ich als 18jähriger nach Wien gegangen und habe in einem Kaffeehaus als Küchenhilfe angefangen. Dort habe ich meine Lebensgefährtin Sandra kennen gelernt, sie stammt aus Warschau. 2004 bin ich ein Jahr lang Babysitter bei einer österreichischen Familie gewesen. Durch die Kinder und ihre Schulaufgaben habe ich gut Deutsch gelernt und sie ein bisschen Polnisch. Das ist eine sehr nette Familie gewesen, aber ich habe auch schlechte Erfahrungen mit Österreichern gemacht und habe wohl auch deshalb nur polnische Freunde. Österreicher kenne ich nur über die Arbeit. 2017 habe ich im Franziskus Spital zu arbeiten begonnen. Die Arbeit in der Küche liebe ich. Auch zuhause koche immer nur ich, nie meine Frau. Ich arbeite wie ein Koch, der Unterschied ist, dass man als Küchenhilfe auch putzen muss. Jeden Arbeitstag stehe ich um 4:20 Uhr auf, um pünktlich um 6:30 Uhr da zu sein und bin um 16 Uhr wieder zu Hause. Müde bin ich nicht, nur das viele Stehen spüre ich in den Beinen. Sie schmerzen. Vielleicht eröffne ich einmal mein eigenes Lokal mit polnischen Spezialitäten, da wäre ich sehr glücklich, auch wenn ich hier sehr gerne arbeite. Ein bis zwei Mal im Jahr fahren Sandra und ich zu meiner Mutter nach Polen. Wenn wir in Pension sind, werden wir zu ihr ziehen. Früher habe ich oft Sehnsucht nach Polen gehabt, jetzt nach 18 Jahren in Österreich nicht mehr, auch wenn Polen immer meine Heimat sein wird, denn dort bin ich geboren.

  • YISABELLA LEPOLD, Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, Anästhesiepflege

    Ich bin in Wien aufgewachsen und habe als Jugendliche erlebt, wie meine Großmutter fünf Jahre lang meinen Großvater gepflegt hat, auch als er schon sehr dement war und uns nicht mehr erkannt hat. Dank ihr hat alles gut geklappt, aber ich habe mich gefragt, was ist, wenn es keine solche Großmutter gibt? Dadurch habe ich begonnen mich für den Pflegeberuf zu interessieren, sowohl für die pflegerische wie auch für die medizinische Seite. 2015 habe ich die Ausbildung zur Krankenpflegerin begonnen. Mein letztes Praktikum war 2018 in der Anästhesiepflege im Franziskus Spital. Meine Chefin hat mich gefragt, ob ich bleiben möchte und ich habe mich gleich beworben, weil ich unser Team so mag. Wenn ein Patient kommt und aufgeregt ist, kann ich ihm mit Humor ein bisschen die Angst nehmen. Wenn er sich vor der Anästhesie fürchtet, erkläre ich ihm den Vorgang und beruhige ihn. Für mich geht es um den Patienten als ganzen, nicht nur um den Eingriff, der ihm bevorsteht. Dieses Gefühl, Vertrauen und Geborgenheit zu geben, ist mir wichtig. Wenn der Patient im Operationsaal ist und du streichst nur kurz über seinen Arm, macht das schon einen Unterschied. Durch meine Arbeit habe ich mehr Hintergrundwissen über die Abläufe im Organismus, das macht mich hinsichtlich meiner Eltern und Großeltern nachdenklich. Auf der anderen Seite ge -nieße ich mein Leben mehr und bin dankbar, dass es uns allen gut geht. Geld haben ist das eine, aber Gesundheit ist so viel mehr wert.

  • SUSANNE HARRISON-SHALLOCK, Empfangsmitarbeiterin

    Ich bin in Deutschland aufgewachsen und habe Industriekauffrau gelernt. Mit 29 bin ich für zwei Jahre nach Alaska gegangen. Es ist eine gute Erfahrung gewesen, das ist eine andere Welt. Als ich zurückgekehrt bin, habe ich meinen Mann kennen gelernt und bin zu ihm nach Langenzersdorf gezogen. Ich bin kontaktfreudig und habe schnell Anschluss gefunden. Nach sieben Jahren Karenz mit unseren zwei Kindern wollte ich wieder arbeiten gehen. Das ist mit Mitte 40 nicht ganz leicht gewesen. Ein Jahre lang habe ich als Rezeptionistin in einem Wellness Salon gearbeitet und dann als Empfangsmitarbeiterin im Franziskus Spital angefangen. Ich stehe gerne hier am Empfang und bin stolz in einem der ältesten Spitäler Wiens zu arbeiten. Es ist klein und familiär und ältere PatientInnen nennen unser Spital liebevoll „Die Lisln“. Unsere Ordensschwestern machen das Franziskus Spital zu einem besonderen Ort. Schwester Paula, zum Beispiel besucht jeden Tag PatientInnen. Ich denke, dass Menschen nicht gläubig sein müssen, um das Herz am richtigen Fleck zu haben, aber ohne die Kirche wäre viel Gutes nicht passiert. Ich selbst glaube an eine höhere Macht, die nicht durch Religionen begrenzt ist. Wenn am Abend weniger los ist, drehen die PatientInnen ihre Runden und kommen zu mir an den Empfang. Wir führen manchmal schöne, tiefe Gespräche, das ist etwas sehr Besonderes. Oft komme ich nach Hause und erzähle meinem Mann: Heute war wieder so eine liebe Dame mit einem spannenden Leben bei mir. Früher habe ich davon geträumt, in den USA Fuß zu fassen, jetzt bin ich sehr glücklich, hier in Österreich angekommen zu sein und gehe jeden Tag richtig gerne in die Arbeit.

  • ASTRID GASHI, Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, Stationsleitung Interne

    Ich bin in der ehemaligen DDR geboren und aufgewachsen. Ich wäre gerne Polizistin geworden, aber dafür hätte ich aus der evangelischen Kirche austreten müssen. Das wollte ich nicht. Meine Persönlichkeit und mein Beruf müssen kompatibel sein, sonst kann ich nicht wirklich dazu stehen. 1991 habe ich die Ausbildung zur Krankenschwester begonnen. Das hat mir Spaß gemacht, weil man mit vielen verschiedenen Fachgebieten und Altersgruppen zu tun hat und die Aufgaben so vielfältig sind. Danach bin ich in den Westen gegangen und habe bald nicht mehr wirklich gewusst, wohin ich gehöre. Im Osten war ich der Wessi, im Westen der Ossi. Und das ist jetzt noch immer so. Hier bin ich der Piefke und zu Hause der Ösi. Aber das stört mich nicht mehr. Beruflich habe ich viel mit ausländischen KollegInnen zu tun und ich kann mich gut in MigrantInnen hinein versetzen, die sich nirgends mehr zu Hause fühlen. Allerdings kann man meine Geschichte kaum mit ihnen vergleichen, denn ich habe mein Land freiwillig der Liebe wegen verlassen und bin nicht vor Krieg und Hunger geflüchtet. Anfang 2004 habe ich im Franziskus Spital auf der Herzüberwachung zu arbeiten begonnen. Jemanden auf seinem Weg zu begleiten und ihn dabei zu unterstützen, verändert und bereichert mich. Dazu gehört auch die Trauer, denn 100prozentig kann ich mich nicht abgrenzen. Mir kommt vor, dass in den letzten drei Jahren die Menschen unzufriedener und ichbezogener geworden sind. Sie sind fordernder und haben weniger Bereitschaft, Kompromisse einzugehen. Soziale Kälte ist ein gesellschaftliches Problem und der Fisch stinkt vom Kopf nicht vom Schwanz. Es ist eine Verallgemeinerung, dass Ausländer einem die Arbeit wegnehmen. 90% meiner MitarbeiterInnen haben Migrationshintergrund. Was wäre, wenn wir alle nicht da wären?

  • RIVAJETE LJOKI, Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, Stationsleitungsvertretung, Interne

    Ich bin Albanerin aus Mazedonien. Ich stamme aus einer sehr sozialen Familie, meine Mutter hat oft Waisenkindern zu Essen gegeben. In unserer Kultur ist es auch selbstverständlich, die Großeltern bis zu ihrem Tod zuhause zu pflegen. Vielleicht hatte ich deswegen schon als Kind den Traum, Ärztin zu werden. Leider hat es zu wenige Studienplätze gegeben, es ist schon schwer genug gewesen, ohne Protektion in die Krankenpflegeschule zu kommen. Nach der Ausbildung hat es daheim keine Arbeit gegeben und so bin ich mit 19 Jahren nach Wien gegangen. Das ist am Anfang sehr hart gewesen. Ich bin als Fremde gekommen und war verunsichert. Ich gehöre dem islamischen Glauben an, komme aus einer anderen Kultur und einer anderen Sprache, aber als ich die Klosterschwestern kennengelernt habe, war mir sofort klar, dass wir die gleichen Werte teilen: Respekt, sich und Anderen gegenüber, Wertschätzung, gewaltfreie Kommunikation. Diese Werte sind in unserer Arbeit sehr präsent. Ich bin froh in Wien zu leben und arbeite seit 27 Jahren im Franziskus Spital. Mir gefällt die Vielfalt der Nationen und Religionen im Spital. Ich muss nicht um die Welt reisen, ich habe die Welt hier um mich herum. Ich dolmetsche auch viel auf der Station. Wenn der Patient auch nur ein paar Worte in seiner Muttersprache hört, wirkt das sofort beruhigend. Nicht selten habe ich dann Tränen der Erleichterung gesehen. Ich bin verheiratet und wir haben zwei Kinder. Beide haben maturiert und mein Sohn studiert Medizin. Ich bin stolz auf sie und froh, dass sie in Österreich leben und mehr Möglichkeiten haben sich zu verwirklichen, als ich es gehabt habe.

  • Dr. IVAN DRMIC, Facharzt für Innere Medizin, leitender Oberarzt Innere Medizin

    Ich bin in einer kleinen Stadt in Bosnien aufgewachsen. Als 13-jähriger habe ich beschlossen, Arzt zu werden. Meine Familie hatte einige Ärzte als Freunde, sie waren meine Vorbilder. Wir haben auch im Familienkreis erlebt, wie sehr gute ÄrztInnen helfen können und einem wieder Hoffnung geben. Das hat mich sehr geprägt. In Sarajewo habe ich Medizin studiert und meine Frau kennen gelernt. Sie ist heute Ärztin am AKH. Wir sind mit unseren kleinen Kindern nach Kroatien gegangen, wo wir als Allgemeinmediziner gearbeitet haben und die Fachausbildung für Innere Medizin gemacht haben. Als dann 1991 der Krieg in Kroatien begonnen hat, sind wir zu meinem Schwager nach Wien gezogen. Ich bin damals 31 Jahre alt gewesen, unsere Kinder sechs und vier. Meine Frau konnte Deutsch, ich nicht. Wir haben mit ihrem Bruder in einer kleinen Wohnung gelebt und ich habe im Franziskus Spital als Krankenpfleger begonnen, denn als Nicht EWR Mitglieder durften wir nicht als Ärzte arbeiten. 1996 haben wir die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen. Am Freitag bin ich als Krankenpfleger nach Hause gegangen und am Montag darauf als Turnusarzt unter der Leitung von Prof. Johannes Bonelli ins Spital gekommen. Zu Hause reden wir eine Mischung aus Kroatisch und Deutsch. Wenn wir zu unserer Familie nach Kroatien und Bosnien-Herzegowina fahren, dann fahre ich nach Hause und wieder zurück nach Hause in Wien. Obwohl ich 1991 noch nicht gut Deutsch gesprochen habe, bin ich im Franziskus Spital gefördert und akzeptiert worden und habe Unterstützung durch die geistlichen Schwestern erhalten. Ich habe gewusst, hier will ich bleiben.